von Stefania Caterina und Pater Tomislav Vlašić
(übersetztes Audio)
- März 2020
Pater Tomislav: Liebe Schwestern und Brüder, wir haben vier Wochen der Fastenzeit abgeschlossen. Am vergangenen Samstag finden wir in der Liturgie Verwirrung, Unsicherheit und gleichzeitig ergriffen die Menschen in dieser Unsicherheit Partei. In der ersten Lesung[1], der Prophezeiung Jeremias, haben wir gehört, dass jene, die gegen die Stimme Gottes waren, sich entschlossen, Jeremias zu töten. Im Evangelium[2] diskutierten die Juden, sie stritten miteinander und nahmen verschiedene Positionen ein: Er ist ein Prophet, Er ist kein Prophet, Er ist der Messias, Er ist nicht der Messias. «“Warum habt ihr ihn nicht hierher gebracht?“ Sie sagten den Wachen: „Niemand hat je so wie er gesprochen“». Von Hass erfüllt spalteten sie sich auf, aber sie blieben in ihrem Denken verhaftet.
Uns steht also eine Woche der Entscheidung bevor. Diese Woche ist die Woche der Entscheidung, eine Entscheidung dessen, der auf dem Weg ist, der diesen Weg geht, eine Entscheidung, die in die Tiefe geht. Diese Liturgie ist sehr, sehr schön, denn die drei Lesungen[3] umfassen einen sehr langen Zeitraum angefangen vom Propheten Ezechiel, dann zu Jesus, der Lazarus auferweckt bis hin zur ersten Kirche, die durch den Heiligen Paulus die Macht des Heiligen Geistes bezeugt. Und in all dem sehen wir einen roten Faden: die Prophezeiungen führten zu Jesus, der Heilige Geist führte die Gerechten, aber jene, die sich den Gerechten widersetzten, kämpften gegen sie und brachten sie häufig um.
Wir sind also an dem Punkt angelangt: am Gerechten schlechthin, am Gerechten der Gerechten Jesus Christus, und in diesen Lesungen führt Er uns in die Tiefe. So wie wir im Alten Testament gesehen haben, schenkt Gott in seiner Güte den Propheten seinen Geist, um das Kommen des Messias anzukündigen, so haben wir auch gesehen, dass Jesus den Weg zu unseren Herzen geöffnet hat, damit wir vom Leben des Heiligen Geistes trinken können, der in uns wirkt, wenn wir am Werk Christi teilnehmen.
Die Apostel, die sich im Geist Christi versammelten, erlebten dann eine Gewissheit im Glauben, wie der Heilige Paulus in der zweiten Lesung im Brief an die Römer bezeugt, und wir befinden uns in der Zeit, in der die Kirche mit Pfingsten ihren Weg begonnen hat, auf ihre Erfüllung zugeht und wo das Wirken des Heiligen Geistes unsere Tiefen durchdringt. Dieses Wirken ist auch eindringlich, um all jene zu erwecken, die erweckt werden möchten.
Die Lesung des 11. Kapitels nach Johannes spricht von der Auferweckung des Lazarus. Wir müssen sie unter zwei Aspekten betrachten: ein Aspekt ist, dass es das größte und das letzte Zeichen ist, das Jesus vor seinem Leidensweg vollbracht hat. Er auferweckte vor den Juden einen Menschen, der seit vier Tagen im Grab lag, weshalb gemäß den Juden und ihrer Tradition unmöglich noch Leben vorhanden sein kann. Er hat uns also ein Zeichen geschenkt, dass Er der König der Herrlichkeit ist, der König des Lebens. Wie Er zu Marta sagte: «Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.» Diese Worte führen uns nach Innen, in eine Gewissheit des Glaubens, die der Heilige Paulus in seinem Brief an die Römer sehr hervorhebt. Wir versuchen jetzt aber, unsere Teilnahmen an diesem Weg Jesu zu sehen, denn wir müssen durch unsere Teilnahme am dreifaltigen Wirken in uns belebt, gereinigt und erneuert werden. Die Haltung, die wir einnehmen müssen, ist jene: der Tod nützt uns, der Tod tilgt jegliche Verdorbenheit in uns. Das alte Geschöpf, die alte Mentalität, die Philosophien, Theologien, die herumschwirren, die Prediger, die sich um das Überleben drehen und sich auf soziale Dinge stürzen verwenden die Worte Jesu, um auf der Erde zu überleben und bleiben dabei in der Verdorbenheit. Hier gibt es keinen Ausweg.
Es ist sehr wichtig, die Worte zu verstehen, die wir in der Eucharistiefeier sprechen: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir“, aber wir müssen sie innerlich verkünden, wie eine Gnade und wir haben die Gewissheit, dass wir alle sterben werden. Ich weiß nicht, ob jemand von euch glaubt, dass er ewig auf der Erde leben wird. Ich glaube, es gibt niemanden. Es ist eine Gewissheit, in der diese Verdorbenheit nach der Erbsünde getilgt wird und der Tod ist ein Durchgang. Wenn wir diese Wahrheit nicht akzeptieren, dass uns der Tod nützt, dass er ein Durchgang ist und nicht am zweiten Aspekt festhalten, dass wir an das Leben danach glauben, dann sind wir, wie der Heilige Paulus sagt, schlimmer als alle anderen, wenn wir nicht an dieses Leben glauben. Aber all das müssen wir in unserem Innersten leben durch unsere Teilnahme am Werk Christi, der uns führt, wie wir sehr gut im Evangelium sehen. Es ist das Werk des Heiligen Geistes, der uns vollkommen im Einklang mit dem Wirken Christi führt.
Auf diesem Weg hin zur Auferweckung des Lazarus können wir die Apostel und die Schwestern sehen, die später an der Auferstehung teilnehmen werden. Sie sind Menschen, die Jesus lieben und die Jesus liebt. Wir finden eine Kernaussage: «Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, war er im Innersten erregt und erschüttert. … Da weinte Jesus. Die Juden sagten: Seht, wie lieb er ihn hatte!» Das ist also der Schlüssel zu unserem Durchgang: die Apostel liebten Jesus, in ihnen zeigten sich die Fehler, die Begrenztheit und Jesus führte sie Schritt für Schritt: Lazarus wurde krank, er schlief ein, um am Ende zu sagen: „Sein Tod dient der Verherrlichung Gottes“. Dieser Punkt ist unerlässlich für uns: unsere Begrenztheit anzunehmen und in unserer Begrenztheit Gott zu lieben. Als Thomas sagte: «Dann lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben.», so interpretiere ich es heute nicht als eine Schwäche, sondern als einen Ausdruck der Liebe Jesus gegenüber: „Ich verlasse Dich nicht, ich sterbe mit Dir“. Auch wenn Thomas und den anderen Aposteln der Glaube fehlte, diese Liebe hat sie alle dazu geführt, den auferstandenen Christus zu erleben, denn der auferstandene Christus hat sich mit Liebe aufgemacht, sie alle zurückzuholen.
Der Weg zur Auferweckung des Lazarus deckt in uns verschiedene Ebenen auf, die zu reinigen sind: Unsicherheit, falsche Sicherheit, ein ständiger Kampf ums Überleben, Schwierigkeiten, all das zu überwinden; es bedeutet, bis zuletzt in die Tiefen unserer Gräber vorzudringen, was die Psychologie das Unbewusste nennt, wo all unser Müll hineingeworfen wird. Und «Marta sagte: „Herr, er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag.» In uns ist dieser schlechte Geruch, aber wir wollen ihn nicht riechen. Wir fliehen vor dem, was wir erlebt haben, aber in diesen Tagen, in dieser Zeit wird uns besonders nahegelegt, dass alles vom Zeitpunkt der Empfängnis an in uns auferweckt werden muss, dass es ans Licht gebracht werden muss. Alle Siegel, die die Allerheiligste Dreifaltigkeit in uns eingeprägt hat, müssen geöffnet werden und hier zeigt sich der einzige Führer, Jesus Christus, der mit vollkommener Liebe das Grab öffnet, aber nicht um zu bestrafen, zu peitschen, zu verurteilen, sondern unter Tränen macht Er sich auf, alles in uns zurückzuholen und Er ist fähig, über all unsere Grenzen hinauszugehen. Das gilt für die Apostel, das gilt für die beiden Schwestern, für die Juden, für Lazarus – Er handelt mit Liebe.
Hier in den Worten des Heiligen Johannes vereint sich die reine Liebe vollkommen mit dem reinen Glauben, einer reinen Hoffnung und auch nach dem Tod geht Jesus, wie ich sagte, auf die Apostel, auf die Frauen zu, um dieses Leben in ihnen zu erwecken und in jenem Augenblick werden alle von der Macht des Heiligen Geistes, die Jesus auferweckt hat, durchdrungen. Unser Weg in dieser Woche, unsere Entscheidungen, Jesus zu folgen, sind also unerlässlich, damit Er uns Schritt für Schritt führen kann und unser Geist in uns aufersteht.
Wir haben euch gesagt, dass uns die Muttergottes insbesondere den Unterschied zwischen der Prüfung und der Versuchung erklärt hat; dass Jesus und nicht einmal die Muttergottes versucht wurden, dass sie aber sehr wohl auf die Probe gestellt wurden. Das Volk, das sich entschieden hat, Jesus durch die Miterlöserin Maria zu folgen, wird immer weniger versucht werden und die Prüfungen werden es immer mehr erheben und es wird sich das erfüllen, was uns angekündigt wurde, dass nach der Auferstehung Jesu das ganze Volk zum Vater erhoben werden muss, um die neue Schöpfung zu erreichen. Es ist sehr wichtig, dass unser Blick nach innen frei ist, um Jesus zu erlauben, alles zu reinigen, und so wie ich letztes Mal gesagt habe, dass wir dazu eingeladen sind, die Autorität Mariens anzunehmen, die Macht der Miterlöserin, so müssen wir jetzt Jesus Christus wahrnehmen, seine Macht. Und Er wird uns innerlich befreien, bis zum letzten Grab, wo wir uns versteckt haben, wo wir aus verschiedenen Gründen in einem Gefängnis sind. All das muss vom Leben des Heiligen Geistes in uns revolutioniert und zur Fülle geführt werden, deren Erfahrung der Heilige Paulus überbringt, und zwar in diesen Zeiten, in denen es die Gnade nicht mehr erlaubt umzukehren, sondern zur Vollendung führt, nicht nur die Einzelnen, sondern alle. Uns muss dieser Weg bewusst sein und dieser Weg muss sich in unserem Gebet äußern, von der Bitte: „Gib mir dieses, gib mir jenes,…“ hin zu einer Hoffnung, die singt, einem Glauben, der singt und einer Liebe, die singt. In diesem Lied unseres Lebens erblühen alle Gaben, alle Früchte des Heiligen Geistes.
Ich wünsche euch, dass ihr diese Woche mit Jesus und mit der ganzen Kirche des ganzen Universums, die auf diesem Weg unterwegs ist, unterwegs sein könnt.
Und ich segne euch im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
[1] Vgl. Jer 11,18-20
[2] Vgl. Joh 7,40-53
[3] Lesungen des 5. Fastensonntags, Lesejahr A: 1. Lesung: Ez 37,12-14; 2. Lesung: Röm 8,8-11; Evangelium: Joh 11,1-45