(aus dem Buch „In Medjugorje ist die Muttergottes lebendig“ – Gespräche mit Pater Tomislav Vlašić; Verlag Luci dell’Esodo)1
Pater Tomislav Vlašić
„Alleine wird es uns nie gelingen, in die göttliche Stille einzutreten. Keine Methode wird uns zu diesem Geschenk verhelfen können. Der Mensch will nicht sich selbst absterben. Nur zu gerne verliert er sich in angenehmen Betrachtungen und Erfahrungen im geistigen Leben. Die Prüfung hingegen bindet ihn und fordert seinen Willen heraus. Es ist wichtig zu verstehen, dass auch Jesus sich in Gethsemane den Soldaten übergeben hat, um gebunden und als Lamm zur Schlachtbank geführt zu werden. Unsere freiwillige und bedingungslose Hingabe an den Willen Gottes öffnet den Weg zur göttlichen Stille und zum Sieg in der Prüfung.“
“Wer dem Leben Gottes treu bleibt, fühlt sich nie begrenzt. Das Leben erblüht in Glückseligkeit und triumphiert immer in der Auferstehung.
Wenn die Gnade Gottes in eine Seele oder in die Menschheit eindringt, wirkt sie, indem sie die Seele in zwei Richtungen führt: zur Wesentlichkeit und zur Universalität.
Ich möchte das näher erklären. Wesentlichkeit bedeutet, dass Gott den Menschen an sich zieht, zum Leben, wie es in Ihm ist. Gott offenbart sich so, wie Er ist, und der Mensch erkennt sich in Gott, wie in einem Spiegel, so, wie er ist. Er fühlt sich erfüllt von Gnade, erfüllt von Leben und möchte nur noch in echter Gemeinschaft bei Gott sein. Er passt auf, dass nichts und niemand ihn von Gott entfernt. Er genießt das Leben Gottes und strebt mit seinem ganzen Wesen nach der endgültigen Vereinigung mit Christus.
Auf diese Weise bleibt der Mensch für andere ein Geheimnis. Er findet keine Worte, um auszudrücken, was er erlebt. Alle Begriffe und alle Bilder sind nur eine schwacher Abglanz, ungeeignete Werkzeuge, um das Geheimnis zu erklären. Was bleibt, ist die göttliche Stille, die seine Seele umgibt, in der sie mit Gott vereint bleibt, in der Gewissheit, dass Er seine Macht im Heiligen Geist ausüben wird, um jene, die für seinen Willen offen sind, zur ganzen Wahrheit zu bringen. Selbst Jesus, mit all seinen Zeichen und Wundern, gelang es nicht, den Leuten und den Aposteln das göttliche Leben zu erklären, bis Er verherrlicht wurde und den Heiligen Geist sandte2.
In dieser Haltung scheint es, als würde der Betroffene passiv bleiben. Wenn die Gemeinschaft mit Gott echt ist, ist das in Wahrheit nicht der Fall. In Gott sind Sein und Handeln in vollkommenem Einklang und stehen miteinander in Beziehung. Der Mensch, der mit Gott vereint ist, wird von der Macht des Heiligen Geistes angetrieben, in Einklang mit Gott und der ganzen Realität zu handeln, die es in Gott gibt. Das führt ihn zur Universalität, das heißt dazu, vollkommen zu lieben, so wie Gott liebt3, sich in den Prüfungen zu freuen4, jenen zu helfen, die bedürftig sind5 und die Wahrheit zu bezeugen6. So vereint sich der Mensch im Heiligen Geist mit der universalen Kirche, mit allen Menschen guten Willens. Es ist also offensichtlich, dass Gott durch jenen Menschen wirkt und sich den anderen in dem Maße offenbart, in dem dieser Mensch mit Ihm vereint ist.“
1 Der Originaltitel des Buches lautet: “A Medjugorje la Madonna è viva“ – Colloqui con Padre Tomislav Vlašić; dieses Buch ist derzeit nur auf Italienisch, Englisch und Kroatisch erhältlich.
2 Vgl. Joh 16, 12-15
3 Vgl. Mt 5, 43-48
4 Vgl. 1Thess 5, 16-21
5 Vgl. Mt 25, 31-40
6 Vgl. Apg 4, 19-21; Mt 10, 32-39
